"Unsere Stadt hat seit 2015 sehr viel dazu gelernt." - Im Gespräch mit Katja Hoyer und Chantal Schalla

Die neue Ausgabe der KölnLiberal ist da!

30.12.2023 Meldung FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Katja Hoyer wurde 1961 in Königstein im Taunus geboren. Sie ist mit Werner Hoyer verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter. Nach ihrem Studium der Politikwissenschaften, Publizistik und der neueren Geschichte war sie als Pressesprecherin für das Beratungsunternehmen Kienbaum Consultants international tätig.

1982 trat sie den Jungen Liberalen und der FDP bei. Sie war Mitglied im Landesvorstand der Jungen Liberalen und leitete den Bundesarbeitskreis Innen und Recht. Dem Kuratorium der Wolfgang-Döring-Stiftung gehörte sie von 1994 bis 2000 an. Sie war bis 2011 stellvertretende Vorsitzende des damaligen Ortsverbandes West, dem heutigen Stadtbezirksverband Lindenthal. Von 2004 bis 2009 war sie Mitglied der Bezirksvertretung Lindenthal. 2009 zog sie in den Kölner Stadtrat ein und wurde Sozialpolitische Sprecherin. 2014 wurde sie stellvertretende Vorsitzende und Integrationspolitische Sprecherin der Ratsfraktion.

Chantal Schalla wurde 1995 in Gelsenkirchen geboren. Nach ihrem Abitur absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Landtagsfraktion der FDP. Im gleichen Jahr trat sie der FDP bei und war zuerst jeweils im Kreisvorstand und bei den JuLis in ihrer Heimatstadt Recklinghausen aktiv. 2015 begann sie ihr Studium der Rechtswissenschaften in Köln. Von da an engagierte sie sich bei den Kölner JuLis und war deren Kreisvorsitzende bis 2018. Für die Jungen Liberalen NRW leitete sie mehrere Landesarbeitskreise im Bereich Soziales und Gesellschaftspolitik. Ab 2018 wechselte sie vom Stadtbezirksvorstand Innenstadt nach Nord und bringt sich dort seitdem als Mitglied des Vorstandes ein.

Sie war 2019 bis 2020 Mitglied im Ausschuss für „Allgemeine Verwaltung, Rechtsfragen, Vergabe und Internationales“ und besetzte dort vor allen Dingen das Thema Gleichstellung. Seit der KölnWahl 2020 ist sie Sachkundige Bürgerin im Jugendhilfeausschuss
und Jugendpolitische Sprecherin der Ratsfraktion.

 

Das Jahr 2023 geht langsam dem Ende zu. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und die damit verbundenen weltpolitischen Themen beherrschen die Nachrichten. Währenddessen hat die Kölner FDP ihr 75-jähriges Fraktions-Jubiläum im Rat der der Stadt Köln gefeiert. Wie legt man seinen Fokus auf kommunale Themen in solch schwierigen Zeiten?

Hoyer: Die weltpolitischen Krisen und Schwierigkeiten haben ja auch Auswirkungen auf unsere Stadt. Trauriges Beispiel ist der Krieg in der Ukraine. Wir haben in Köln über 14.000 Menschen aufgenommen, die vor dem Krieg geflohen sind. Für sie müssen Unterkünfte, Kita- und Schulplätze etc. geschaffen werden. Eine echte Herausforderung! Für alle politischen Ebenen. Wobei die Kommune die Ebene ist, die den Wählerinnen und Wählern am nächsten ist und unmittelbar wirkt.

Schalla: Letztendlich schlagen sich internationale Krisen auch kommunal nieder. Katja und ich beschäftigen uns jeweils mit der Unterbringung Geflüchteter, mit dem Aufkeimen von Antisemitismus oder mit der angespannten finanziellen Lage sozialer Einrichtungen aufgrund der Tarifsteigerungen, welche wiederrum Folge der Inflation sind. Alles Umstände, auf die Kommunen nur reagieren können, aber keinen Einfluss haben. In Krisenzeiten übernehmen wir diese zusätzlichen Aufgaben. Wer den sozialen Frieden bewahren möchte, darf andere Herausforderungen des sozialen Bereichs aber nicht aus dem Blick verlieren.

Ich habe zu Anfang der Wahlperiode mit meinem Team im Jugendhilfeausschuss eine Roadmap erstellt. Diese Vorarbeit hilft mir jetzt ungemein. Schließlich ist Kommunalpolitik nur ein Ehrenamt und unsere Ressourcen sind leider nur begrenzt.

Zum Jahresende vollzieht sich in der Fraktion auch ein personeller Wechsel. Frau Hoyer, warum verlassen Sie die Fraktion mitten in der Ratsperiode?

Hoyer: Bei mir sind es wirklich rein persönliche Gründe. Außerdem bleibe ich ja weiterhin sozialpolitische Sprecherin der Ratsfraktion und kann mich und meine Themen in die Ratsarbeit einbringen. Ich verabschiede mich also nur teilweise aus der Ratsarbeit. Außerdem freue ich mich, dass mir mit Chantal eine Ratsfrau folgt, der das soziale Köln ebenfalls sehr am Herzen liegt.

Frau Schalla, Sie folgen Frau Hoyer auf der Ratsliste nach. Was sind Ihre Themen und Schwerpunkte?

Schalla: Ich trete in große Fußstapfen. Katja ist in der sozialen Trägerschaft eine bekannte und geschätzte Person. Das muss ich mir weiterhin erst erarbeiten. Ich bringe eine junge Stimme in den Rat, Mitglieder unter 30 kann man ja an einer Hand abzählen. Meine Stimme will ich nutzen und Köln familienfreundlich gestalten – dies vor allen Dingen aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen.

Nach wie vor will ich die Jugendpartizipation in Köln voranbringen. Seit der Pandemie sehe ich aber einen großen Handlungsbedarf bei der Chancengerechtigkeit insbesondere bei den Bildungsbiografien junger Menschen. Da ging es die letzten Jahre eher mehrere Schritte zurück als vorwärts. Ein Aufstiegsversprechen muss es aber für alle und nicht nur für Kinder aus gut gestellten Familien geben. Daher braucht es wieder eine verlässliche Kinderbetreuung in Köln, um schon mit den Kleinsten pädagogisch arbeiten zu können, aber auch Angebote für Schülerinnen und Schüler, um Lernschwächen zu meistern oder psychische Belastungen früher aufzufangen.

Das Thema Migration wird auf allen politischen Ebenen sehr kontrovers diskutiert. Am Ende müssen die zwingend notwendigen Lösungen meist in der Kommune gefunden werden, wo die geflüchteten Menschen ankommen. Wie ist die aktuelle Situation in Köln?

Hoyer: Die Entwicklung bereitet mir Sorge. Schon jetzt reichen die Unterbringungsplätze kaum aus. Derzeit befinden sich über 11.000 Geflüchtete in städtischen Unterkünften. Im Hinblick auf die Frage weiterer Unterbringungsmöglichkeiten herrscht bisher Konsens darüber, auf Turnhallen verzichten zu wollen. Das ist auch meine Meinung. 2015/2016 war ich in vielen Turnhallen und habe gesehen, wie schlecht diese Unterbringung für Geflüchtete ist. Keinerlei Privatsphäre und unzureichende sanitäre Anlagen.

Außerdem bin ich der Meinung, dass es innerhalb der Bevölkerung zu massiven Protesten kommen würde, wenn wir unseren Kindern und Vereinen erneut die Möglichkeit nehmen, Sport zu machen. Insbesondere nach der Durststecke Corona.

Schalla: Die Situation ist angespannt. Ich stehe zu unserer humanitären Verpflichtung, Geflüchteten Personen zu helfen. Es ist aber ein Kraftakt aller Beteiligten. Da wir bei Personal und Unterbringungsmöglichkeiten einen Mangel haben, sind schwierige Entscheidungen zu treffen. Neben der angespannten Lage bei der Verwaltung und den Trägern müssen wir jetzt aber auch auf unsere ehrenamtlichen Strukturen achten. Wie immer folgt auf eine Solidaritätswelle der Bevölkerung nun die Ernüchterung.

In vielen Bereichen sind uns rechtliche Grenzen gesetzt, die eine schnellere Integration geflüchteter Personen verhindern. Ich erhoffe mir, dass der Bund nun beherzter agiert, sodass Menschen mit Bleibeperspektive schneller in Arbeit kommen und ihre Familien sich ein Leben außerhalb der Unterkünfte aufbauen können.

Stichwort Schule und Bildung: Viele Geflüchtete haben ja auch Kinder dabei, für die auch in diesen Bereichen Angebote bereitgestellt werden müssen. Sind die Kapazitäten der Stadt ausreichend?

Schalla: Unsere Stadt hat seit 2015 sehr viel dazu gelernt. Das System der Willkommensklassen überzeugt mich vor allen Dingen bei den Grundschülern sehr. Natürlich könnte das alles noch schneller gehen. Jedoch habe ich das Gefühl, dass hier Schulen, Kitas sowie die Verwaltung ihr Möglichstes tun und ich bin dankbar für diese Arbeit.
Schwierig ist es bei den Familien mit geringer Bleibeperspektive – auch für deren Kinder besteht in Deutschland die Schulpflicht. Haben wir diese Kinder in Willkommensklassen aufgenommen, so müssen diese das Land nur häufig schon wieder verlassen.

Ein anderes drängendes soziales Problem scheint mir derzeit etwas in den Hintergrund zu rücken: Die obdachlosen Menschen, deren Zahl in Köln auch immer größer zu werden scheint. Entsteht da bei den begrenzt zur Verfügung stehenden Angeboten eine Art „Konkurrenz“ zwischen Geflüchteten, Obdachlosen und Suchtkranken?

Hoyer: Die Konkurrenz sehe ich eher bei den Angeboten als bei den Menschen. In der Sozialpolitik stehen häufig Menschen mit sogenannten „multiplen Problemlagen“ im Fokus. Das heißt, ein Obdachloser ist nicht allein wohnungslos, sondern auch drogenabhängig bzw. geflüchtet.
Die Stadt entwickelt zur Zeit Konzepte gegen Wohnungslosigkeit und Drogenmissbrauch. Das kostet natürlich Geld und das fehlt sowohl in Köln als auch auf Landes- und Bundesebene. Um das vorhandene Geld konkurrieren dann Stadt und freie Träger. Wir sehen bereits jetzt, dass viele Angebote im sozialen Bereich eingestellt werden.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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Katja Hoyer

Katja Hoyer

Sozialpolitische Sprecherin der FDP-Ratsfraktion

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Fax 0221 221 23833
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Chantal Schalla, MdR

Chantal Schalla, MdR

Mitglied des Rates der Stadt Köln

Jugendpolitische und Integrationspolitische Sprecherin der Ratsfraktion

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